Vom Trauma zum Triumpf. Mit diesem Narrativ habe ich zusammen mit Christoph Huss von Inno Ventures im Februar eine Reise bei der Impact Factory in Duisburg mit unserem Projekt „HandicAPP – Der digitale Peer-Coach“ gestartet. Für mich war es die erste Erfahrung im Startup-Business.
Die Impact Factory ist eine gemeinsame Initiative der Gründungspartner Beisheim Stiftung, Franz Haniel & Cie. GmbH, KfW Stiftung und Anthropia gGmbH mit Unterstützung des Programmpartners „Der Paritätische NRW“. Die Initiatoren haben ein einzigartiges Gründerstipendium ins Leben gerufen, das Sozialunternehmer*innen aus ganz Deutschland einen kollaborativen Raum bietet, an dem skalierbare Innovationen zur Lösung komplexer sozialer und ökologischer Herausforderungen entstehen. Die Vernetzung mit den Unternehmenspartnern der Impact Factory sowie mit anderen Startups war von Anfang an ein sehr wertvoller Pool an Kreativität. Sie brachte unsere Idee, Peer-Counseling in einer App zu digitalisieren, richtig nach vorne.
Unser Projekt hat sehr viel Zustimmung und Aufmerksamkeit bekommen. Aufgrund meiner Lebensgeschichte war es naheliegend, Peer Counseling für Menschen mit Amputationen zu thematisieren. D.h. Betroffene helfen Betroffenen in ein Leben mit Behinderung hineinzufinden. Der Bedarf an Peers in Deutschland ist bei 60.000 Amputationen pro Jahr sehr hoch. Das Problem: In Deutschland sind nur ca. 50-100 Peers organisiert. Viel zu wenige für so viele Amputierte. Peer-Counseling zu digitalisieren ist daher eine gute Idee – davon sind wir überzeugt. Basis ist ein Prozessmodell aus wissenschaftlich anerkannten Modellen. Damit die Nutzer*innen auch Freude an der App haben, würzen wir mit Gamifikation und Nudging. Mit der App wollen wir Nutzer*innen ermächtigen, Selbstwirksamkeit über Erfahrung, Information und Austausch aufzubauen.
In den knapp 6 Monaten bei der Impact Factory haben wir ein richtig dickes Brett gebohrt und uns ganz schön weiterentwickelt. Ein Endpunkt war Ende Mai erreicht, als wir beim letzten Pitch vor den Gründungspartnern der Impact Factory das Stipendium erfolgreich abschließen konnten und in das Ramp-up-Programm Anfang 2023 aufgenommen wurden. Als absoluter Höhepunkt stellte sich die „Höhle der Möwen“ heraus. Bei diesem speziellen Format pitchten wir vor Investoren und – gewannen den Wettbewerb. Eine wunderbare Erfahrung und Bestätigung für unser Projekt. Es traten 7 fantastische Impact-Startups an, alle hatten das Potenzial zu gewinnen.
Rückblickend empfinde ich das Stipendium inspirierend, herausfordernd und kreativ. Als Team und als Projekt sind wir gewachsen und haben einen großen Schritt nach vorne gemacht. Allerdings mussten wir auch realisieren, dass Investoren nicht Schlange stehen, wenn man mit einem Nischenthema wie Amputation auf der Bühne steht. Wir sind kein klassischer Businesscase wie zum Beispiel nachhaltige Energie.
Im Fokus der nächsten Wochen steht die Aufgabe, die HandicAPP sinnvoll in den Patientenweg zu integrieren. Das sollte nicht so schwer sein. Laut befreundeten Medizinern besteht eine echte Versorgungslücke zwischen Amputation und vollständiger Teilhabe. Dennoch tun sich das deutsche Gesundheitssystem und Investor*innen schwer mit innovativen hybriden Konzepten, die Mitgefühl und Achtsamkeit einsetzen wollen, um Menschen nach einer Amputation Chancengleichheit in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Da nützt es auch nichts, dass im Bundesteilhabegesetz von 2017 das Recht auf Peer-Counseling verankert ist.
Meine Hoffnung liegt auf der Kooperation mit Institutionen, die Menschen nach Trauma oder Krankheit schnell wieder zur Teilhabe verhelfen wollen, z.B. Berufsgenossenschaften, Stiftungen oder NGOs. Erste vielversprechende Gespräche laufen schon: Kurios und gleichzeitig traurig, dass uns hier offensichtlich der Krieg in der Ukraine eine Tür öffnet. Es ist wirklich mühsam und manchmal zum Verzweifeln, ein so tolles Herzensprojekt zu verwirklichen.
Vielleicht schließt sich gerade ein Kreis, der 1985 für mich angefangen hat: Mein Peer war Kriegsversehrter und er hat mir zur Einsicht verholfen, dass ich so wie ich bin, gut bin. Diesen Blogbeitrag widme ich Erwin Keth, meinem Peer Coach von 1985 bis 2000.
Wer Interesse an dem Projekt hat und die HandicAPP mit mir zügig weiter entwickeln will, lade ich gerne ein, mit mir Kontakt aufzunehmen. Das nachfolgende Video zeigt Euch meinen Investoren-Pitch „Die Höhle der Möwen“ bei der Impact Factory:
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Mehr InformationenWäre dieser Beitrag ein Musiktitel, so drückt das für mich BURN IT DOWN von Linkin Park aus.