- Wer ist mein bester erster Ansprechpartner?Dein bester Ansprechpartner ist Dein behandelnder Arzt. Er kann Dir genau sagen, was passiert ist, was bisher medizinisch getan wurde und welche körperlichen Auswirkungen Du zu erwarten hast.
- Was ändert sich in meiner täglichen Hygiene?
Behalte Deine bisherigen Routinen möglichst bei und scheue Dich nicht Hilfe anzunehmen, wenn z.B. bei der Stumpfpflege Fragen auftauchen. Pflegepersonal, Ergo- und Physiotherapeut:innen und Orthopädietechniker:innen sind gute Ansprechpartner dafür. Prinzipiell solltest Du den Stumpf täglich mit ph-neutraler Seife reinigen und eine Feuchtigkeitscreme einsetzen. Deine Prothese solltest Du unbedingt mit einbeziehen und den Prothesenschaft sowie den Prothesenliner ebenfalls mit ph-neutraler Seife reinigen.
- Wann bin ich wieder mobil und kann mich frei bewegen?
Mit den heutigen technischen Hilfsmitteln ist fast alles möglich. Wichtig ist, dass Du Dich sicher bewegen kannst. Und dazu ist auch Training notwendig. Wende Dich hier an Deine Ärzte, sie kennen Deine individuelle Konstitution und können Dir hier konkreter Auskunft geben.
- Welche Komplikationen im Heilungsverlauf können auftreten?
Auch wenn es nicht schön ist: Mit Komplikationen während des Heilungsverlaufs solltest Du rechnen. Das können bspw. Komplikationen bei der Wundheilung sein, Schmerzen oder Ödeme (Schwellungen). Auch beim Bau der Prothese können Komplikationen auftreten. Wichtig ist Deine Einstellung dazu: Heilung verläuft in Zyklen und deshalb ist es gut, wenn Du mit den Aufs und Abs umzugehen weißt. Es ist immer hilfreich, wenn Du aktiv das direkte Gespräch mit Expert:innen suchst, wenn Unsicherheit oder Ängste aufkommen. Tausch Dich auf jeden Fall mit Menschen aus, die ähnliches erlebt haben: Sie werden Dir mit ihrem Erfahrungsschatz weiterhelfen.
- Welche Behandlungsmaßnahmen sind noch notwendig?
Sehr oft ist es nicht mit einer Maßnahme getan. Je nach Deiner individuellen Verfassung, werden die Maßnahmen von Ärzten konkret für Deinen Fall zusammengestellt und empfohlen. Grundsätzlich gilt, dass Heilungsverfahren, wie Physiotherapie, Prothesengangschulung, Ergotherapie, beantragt werden müssen. Du selbst kannst aber sehr viel zum Heilungsverlauf beitragen, z.B. durch Krafttraining oder Gleichgewichtstraining. Sprich daher immer mit Deiner Ärztin, was Du selbst tun kannst.
- Was sind Phantomschmerzen?
Unter Phantomschmerzen versteht man Schmerzen in einem amputierten Gliedmaß. Phantomschmerzen können als einschießende Schmerzattacken auftreten. Zu Beginn sind sie fast normal, oft verblassen sie aber im Verlauf. Je nach Häufigkeit und Intensität können sie sehr unangenehm sein, wenn Du nichts dagegen unternimmst. Du solltest daher schon frühzeitig mit einem Schmerztherapeuten reden und auftretende Schmerzen sofort therapieren. Mit heutigen medikamentösen und nicht-medikamentösen Verfahren kannst Du das Thema gut in den Griff bekommen. Bleibe dabei aber immer geduldig, denn Phantomschmerzen sind ein langfristiges Thema. Unabhängig von Phantomschmerzen können Phantomgefühle auftreten, was nicht behandlungsbedürftig ist.
Weiterführende Links:
Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. - Wie fühlen sich Phantomschmerzen an?
Phantomschmerzen fühlen sich bei jedem betroffenen Menschen anders an. Das Phantomgefühl ist dabei gar nicht so schlimm. Es suggeriert Dir immer noch das Vorhandensein des fehlenden Gliedmaßes. Meistens ist es ein Kribbeln, wie beim einschlafenden Bein. Das Gefühl hält sich in Grenzen und muss eigentlich nicht therapiert werden. Dieses Kribbeln kann auch mehr werden und dann wird es unangenehmen. Du hast z.B. das Gefühl dich heftig kratzen zu müssen, wo nichts mehr ist. Schlimmer wird es jedoch mit einschießenden Schmerzen. Das halten die meisten nicht lange ohne Hilfe aus. In diesem Moment kannst Du Dich auf nichts mehr anderes konzentrieren. Das ist so heftig, dass im Akutfall nur geeignete Schmerzmittel Linderung schaffen. Jede Sekunde zählt dann. Tipp für unterwegs: Habe immer für den Notfall Schmerzmittel dabei. Besorge dir am Besten eine kleine Medikamenten-Box und befülle sie mit Schmerzmittel unterschiedlicher Stärke. Dann kannst Du auch unterwegs darauf vertrauen, dass die Phantomschmerzen nicht zum Problem im Beruf oder in der Freizeit werden. Während beim einschießenden Phantomschmerz eine Medikation erforderlich ist, ist es beim Stumpfempfinden nicht notwendig. Beide Schmerzarten haben unterschiedliche Ursachen und können gleichzeitig auftreten.
- Wie lange halten Phantomschmerzen an?
Das Phantomgefühl ist dauerhaft. Da es meist nicht sehr schmerzhaft ist, kommst Du gut damit klar. Es ist sogar ganz angenehm, das Phantomgliedmaß zu bewegen – irgendwie vertraut und entspannend. Der eigentliche Phantomschmerz kommt in Schüben von wenigen Sekunden. Er fängt plötzlich an und wird schnell intensiver (ca. 30 Minuten). Er wird so intensiv, dass Du stark verkrampfst und kaum klare Gedanken fassen kannst. Alles wird dann unwichtig. Nur noch der Schmerz und du. In dieser Situation kannst du mit alternativen Verfahren nur wenig erreichen. Schmerzmittel sind in dieser Situation das Mittel der Wahl und schaffen sehr schnell Linderung. Phantomschmerzen aussitzen und warten bis sie von alleine verschwinden, ist erfahrungsgemäß nicht möglich. Dazu ist der Schmerz zu intensiv.
- Wie hilft Spiegeltherapie bei Phantomschmerzen?
Bei der Spiegeltherapie wird ein Spiegel so platziert, dass durch Spiegelung der gesunden Seite der Eindruck von zwei intakten Extremitäten entsteht. Damit wird das Gehirn trainiert. Und das machst du präventiv, d.h. regelmäßig (z.B. täglich) für 15-30 Minuten. Im Akutfall bei einer Schmerzattacke ist Spiegeltherapie erfahrungsgemäß nicht so wirksam. Insgesamt wiegen die Vorteile gegenüber der medikamentösen Therapie: keine Suchtproblematik, keine Nebenwirkungen, wie z. B. verringerte Fahrtauglichkeit. Der Erfolg der Spiegeltherapie ist wissenschaftlich belegt. Du kannst Spiegeltherapie bei einer spezialisierten Physio- oder Ergotherapeuten machen oder zuhause im Eigentraining. Das Training zuhause durchzuführen, erfordert Erfahrung und ein gewisses Maß an Motivation und Disziplin. Am besten Du lässt sich von einem erfahrenen Therapeuten anleiten. Für zuhause brauchst Du einen Folienspiegel und etwas Material zum „Spielen“, wie Igelbälle, Handtücher etc.. Wen Du keinen Spiegel zur Hand hast, dann geht auch eine spezielle App, mit der Du auf einem iPad das Training durchführen kannst. Auch hier ist es sinnvoll, wenn Du Dich von einer erfahrenen Therapeutin einweisen lässt.
Weiterführende Links:
Spiegeltherapie
Erklärvideo Spiegeltherapie digital - Bekommt man präventiv Medikamente bei Phantomschmerzen?
Beim Phantomschmerz handelt es sich um einen Nervenschmerz (neuropathisches Schmerzsyndrom). Am Besten wirken hier Medikamente, die die Funktion des Zentralnervensystems beeinflussen. Oft wird eine Kombination mit Antidepressiva gewählt, was die Wirkung positiv beeinflusst. Die Medikamente werden täglich eingenommen. Lass Dich am besten von einem Schmerzarzt beraten, welche Wirkstoffe Du verwendest und wie Du sie einnehmen sollst. Tipp: Schmerzen sind sehr individuell und so sollte auch die Therapie sein. Bitte versuche deshalb nicht, in Eigenregie an das Thema ran zu gehen. Lass Dich von Schmerz-Experten beraten, die die Therapie auf Deine persönliche Situation abstimmen.
Weiterführende Links:
Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. - Beeinträchtigen mich Phantomschmerzen im Beruf oder Studium?
Definitv ja. Wer eine Phantomschmerzattacke schon einmal erlebt hat, weiß dass unter Schmerzen kein klarer Gedanke zu fassen ist. Eine Maschine bedienen, einen Kunden betreuen oder eine Bachlorarbeit zu schreiben, ist dann nicht möglich. Tipp: Erklär Deinem Umfeld offen und klar die Ausgangslage, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden. Du setzt Dich sonst einem unnötigen psychischen Druck aus.
- Was machen gegen Phantomschmerzen?
Gegen Phantomschmerzen gibt es wirksame Schmerzmittel. Die richtige Auswahl und Einnahme solltest Du mit einem Schmerztherapeuten besprechen. Nicht-medikamentösen Verfahren, wie z.B. die Spiegeltherapie, Imagination, Elektrotherapie oder Entspannungsverfahren sind oft empfehlenswert, weil sie praktisch nebenwirkungsfrei sind. Du bist dann auch voll fahrtauglich, was nach der Einnahme von Schmerzmitteln nicht immer der Fall ist.
Weiterführende Infos:
Routine Health GmbH - Wann treten Phantomschmerzen auf?
Die Studienlage ist hier ziemlich dünn. So viel kann man sagen: bist Du abgelenkt (durch ein nettes Gespräch), beschäftigt (in einem Projekt) oder wie auch immer aktiv (beim Sport), dann treten Phantomschmerzen eher seltener auf. Erfahrungsgemäß geht es los, wenn Du dich entspannst. Also dummerweise abends, beim Einschlafen oder – noch ungünstiger – im Urlaub. Es wird immer wieder berichtet, dass die Stimmungslage oder das Wetter ein Auslöser sein kann. Sicher ist, dass diese beiden Faktoren einen Einfluss haben. Da es bei jedem Amputierten anders ist, kann man keine Regel aufstellen.
Weiterführende Links:
Routine Health GmbH - Was soll ich meinen Angehörigen über Phantomschmerzen sagen?
Deine Angehörigen werden bei Schmerzattacken mit Dir leiden. Allerdings haben sie keine Vorstellung von diesem Schmerz. Daher ist es ratsam, sie mit ins Boot zu holen. Erklär ihnen, was Phantomschmerzen sind und wie sie sich anfühlen. Gerade für Deine Familie und engste Freunde ist es sehr wichtig, informiert zu sein. Nimm sie also am besten zu Deiner Schmerztherapeutin mit, damit sie Dich optimal unterstützen können. Vergiss bitte nicht Freunde und Arbeitskollegen. Auch sie sollten wissen was Phantomschmerz ist, was er mit Dir psychisch macht und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.
- Erhalte ich Physiotherapie?
Ja! Physiotherapie gehört unbedingt zum Heilungsverlauf dazu. Die Behandlungen bringen Dich sicher an Deine Grenzen, aber der Erfolg sollte es Dir Wert sein. Physiotherapie hilft nicht nur Deinem Körper eine neue Balance zu finden, sondern auch Deinem Geist. Bewegung bringt Dich wieder in Deine Stärke. Tipp: Nutze die positive Entwicklung während der Physio und nimm diese Energie mit, um sportliche Aktivitäten in Deinen Bewegungsalltag aufzunehmen. Du wirst Physiotherapie nicht als Dauerleistung erhalten, deshalb ist es wichtig, Bewegung zu Deiner Routine zu machen. Behindertensportvereine können hier eine gute Anlaufstelle sein. Noch ein Tipp zur Gehschule und zum Prothesentraining: für diese Aufgabe gibt es speziell geschulte Therapeut*innen. Es ist sehr wichtig, dass diese sehr erfahren sind.
Weiterführende Links zu Behindertensport:
Deutscher Behindertensportverband e.V. - Wann ist die Versorgung abgeschlossen?
Gute Frage. Das hängt tatsächlich von Deinem individuellen Heilungsverlauf ab. Das kann ganz schnell gehen, es kann aber auch Rückschläge geben. Sobald es Deine Stumpfverhältnisse zulassen, beginnt Deine prothestetische Versorgung mit einer Interimsprothese und geht über in eine Definitivprothese. Bleib immer mit Deinen Ärzten und Orthopädietechnikern:innen verbunden, scheue Dich nicht Fragen zu stellen. Bleib dabei geduldigt.
- Ohnmacht und Hilflosigkeit. Wie gehe ich damit um?
Ohnmacht und Hilflosigkeit sind typische Reaktionen auf eine traumatische Amputation. In dieser Phase waren meine inneren Systeme in Alarmbereitschaft. Ich fühlte mich permanent angespannt und reagierte auf Kleinigkeiten oft aufbrausend und wütend. Das hat mich förmlich gelähmt und mein soziales Umfeld ratlos werden lassen. Um da herauszukommen, habe ich meinen Fokus verändert, hin zu einem neuen Körperempfinden. D.h. ich habe mich meinen körperlichen Empfindungen bewusst gestellt. Heute sagt man dazu Achtsamkeitstraining, die Fähigkeit absichtsvolle Bewegung und das Zentriertsein in der Gegenwart zu kultivieren. Du solltest die Neuausrichtung Deines Fokus als Prozess verstehen, der langfristig angelegt ist. Wenn es Dir mit Atemübungen oder Yoga, Qigong und Tai-Chi gelingt, Geist, Körper und Gehirn davon zu überzeugen, dass ihnen keine Gefahr droht, dann bist Du auf einem guten Weg. Gehe diesen Weg mit Disziplin und Geduld.
Weiterführende Links:
Blog „Kein schlechtes Gewissen in der Komfortzone“
Blog „Ich bin gut so wie ich bin, aber…“ - Wer kann mir psychologisch helfen?
Hörst Du Floskeln, wie „Aufgeben oder geht nicht, gibt’s nicht“ usw.? Das hilft Dir nicht weiter. Es spiegelt nur die Ohnmacht Deines Umfelds. Vertraue auf Dein Gefühl und Deine Intuition, was Du brauchst. Wenn es Dir nicht gut geht, dann ignoriere das nicht. Der Verarbeitungsprozess einer Amputation ist eine Herausforderung, für die niemand vorbereitet wurde. Psychologische bzw. psychotherapeutische Begleitung in Anspruch zu nehmen ist sehr empfehlenswert. Scheue Dich nicht davor, denn es ist quasi Physiotherapie für Deinen Kopf. Du wirst Dich leichter fühlen und nebenbei werden Deine zwischenmenschlichen Beziehungen auch davon profitieren.
Weiterführende Links:
Blog „Mein imaginärer Freund“
Blog „Selbstwirksamkeit: Wie wichtig ist Resilienz?“
Blog „Von Selbstzweifeln und dem was jenseits der Angst liegt“ - Wie kann ich Achtsamkeit lernen?
Achtsamkeit ist das A und O für ein freudvolles, stressfreies Leben – ob mit oder ohne Amputation. Durch Achtsamkeitstraining, wie z.B. durch Meditation, Yoga, Tai-Chi oder Qigong, übst Du im Hier und Jetzt zu sein. Es bewirkt körperliche, messbare Veränderungen im Blut und im Gehirn. Wer regelmäßig Achtsamkeit praktiziert, ist den Herausforderungen des Lebens nachweislich besser gewachsen. Je nachdem wie Du Dir das gerne aneignen willst, gibt es zahlreiche Bücher, eine Vielzahl an Apps und Online-Plattformen. In nahezu jeder Stadt werden mittlerweile Kurse in Fitness- oder Yoga-Studios angeboten.
- Wer begleitet mich langfristig, z.B. ein Coach?
Der Verarbeitungsprozess einer Amputation ist eine Lebensaufgabe, bei der jeder Unterstützung und Hilfe braucht. Sich jemandem anzuvertrauen, der Dich auf dem Weg in ein neues Leben begleitet, ist absolut sinnvoll. Entscheide aus dem Bauch heraus, ob es eine Therapeutin ist oder ein Coach, der Menschen begleitet, oder auch ein Mensch aus Deinem sozialen Umfeld. Ideal ist ein Peer Coach, der dieselbe Erfahrung schon erfolgreich verarbeitet hat. Sei offen, Unterstützung anzunehmen – es lohnt sich.
Weiterführende Links:
Blog „Warum ist Peer-Counseling so wichtig?“ - Wie stelle ich mich mental auf Phantomschmerzen ein?
Das Thema ist heikel. Denn es ist nur natürlich, dass Du beim Thema Schmerzen in die Defensive gerätst. Wenn Schmerz bewusst wird, verliert man die Kontrolle über sein Selbst. Alles ist durcheinander. Der Schmerz bestimmt den Tagesablauf. Schnelle Hilfe, meist medikamentös, ist die Therapie der Wahl. Als erste Notfallmaßnahme ist das auch sicher sinnvoll. Im Laufe der Zeit kann aber die Suche nach anderen Lösungen hilfreich sein.
Der Schmerz ist ein ganz wichtiger menschlicher Zustand, wie Angst, Freude, Wut und Trauer. Auf den Schmerz verzichten könnten wir nur, wenn wir unverwundbar wären. Dann wären wir aber keine Menschen. Erklären wir dem Schmerz den Krieg, dann bekämpfen wir auch Gefühlszustände, wie Freude oder Trauer, die wir eigentlich wollen. Daher denke ich, dass es die bessere Strategie ist, den Schmerz vom Feind zum Freund zu machen. Sie erfordert Zeit, Mut und therapeutische Begleitung.
Meiner Erfahrung nach ist Achtsamkeitstraining (Meditation, Tai-Chi, Qigong, Yoga etc) sehr hilfreich und die Haltung, dass der Schmerz mein täglicher Begleiter ist.