Eine Frage der Solidarität

Thomas Frey: Eine Frage der Solidarität

Corona nervt. Aber nicht, weil Corona da ist, sondern die Art und Weise wie ignorante Zeitgenossen mit der Krise umgehen. Zuhause sein, sich Einsam oder allein fühlen ist für Menschen mit Behinderung ein Zustand, den sie schon immer erlebt haben. Ich bin da ganz bei Raul Krauthausen, der im Bewohnerfrei Podcast mit Tobias Beck meinte: „Ein Blick auf diese Ressource zeigt das Potenzial für unsere Gemeinschaft: Was können wir aus den Erfahrungen behinderter Menschen in einer Krise lernen? Wie kann man mit solchen Situationen umgehen? Wie lernt man mit sich selbst zufriedener umzugehen?“ In diesem Blogbeitrag beschreibe ich, welche Strategien die Allgemeinheit von behinderten Menschen übernehmen kann.

Nur fünf Monate Corona-Krise reichen aus, dass viele von uns gefühlt am Abgrund stehen. Zur Ruhe kommen, entschleunigen, sich selbst spüren ist ein Zustand, den viele nicht kennen und der ihnen Angst macht. Sicher, der Lockdown hat viele in einen sozialen oder wirtschaftlichen Ausnahmezustand gebracht. Dennoch – Ich sehe die Krise als Chance powervoll in eine neue Zukunft zu gehen.

Es bedarf eines neuen Mindsets. Stell dir nur mal die Frage: Wenn das der letzte Tag meines Lebens wäre, was würde ich tun, um am Ende zu sagen: ich bin erfüllt und habe alles gegeben!?

  1. Alles ist ein Geschenk: Du siehst alle als eine Gelegenheit.
  2. Selbstverantwortung: Du suchst nach der bestmöglichen Antwort.
  3. Dringlichkeit: Du gibst alles und spürst Deine Präsenz.

Selbst, wenn Du im Augenblick noch nicht weißt für was es Gut ist – Du bist verantwortlich für das Umfeld, das Dich erfüllt.

Ich bin der Ansicht, dass uns Corona vom Himmel, vom Leben – oder was auch immer Du als höhere Instanz bezeichnest – als eine Art Weckruf geschickt wurde. Unsere „gewohnte Normalität“ war eine naive Illusion, basierend auf der maximalen Ausbeutung von Ressourcen. Wer dachte, das hält unsere Welt unbegrenzt durch, steckt den Kopf in den Sand. Die Pandemie hat uns gezeigt: wir sind eben doch biologische Wesen und ein unsichtbarer Virus kann uns weltweit ausknocken und lahmlegen – ganz ohne Künstliche Intelligenz oder sonstigen menschlichen Technologien.

Normalität, wie sie viele zurückhaben wollen, wird es aus dreierlei Hinsicht nicht mehr geben: 1. Weil Corona in der Welt und nicht mehr auszurotten ist. 2. Weil die Vor-Corona-Normalität ein kritischer Zustand war. Und 3. Nach der Pandemie ist vor der Pandemie.

Es wird Zeit darüber nachzudenken, was wir aus der Krise lernen, was wir künftig anders machen können und welche Chancen in der Krise stecken.

Krisen bergen Chancen

Die Pandemie hat in vielen Bereichen des Lebens eine katapultartige Wirkung gehabt. Und dieser Virus hat uns die einmalige Chance gegeben, neue Wege in eine nachhaltigere Zukunft einzuschlagen. Wir werden wieder Wachstum erleben, allerdings anders als vor Corona. Man sieht jetzt schon, dass die digitale Transformation unserer Gesellschaft einen richtigen Schub erhalten hat. Damit meine ich nicht nur die Corona-Warn-App, sondern viele digitale Projekte, die gerade wie Pilze aus dem Boden schießen. Und es ist schon erstaunlich, wie schnell Entwicklungen in Deutschland gehen können, wenn man weiß wie und mit wem,

Mein Lockdown kam mir wie ein Marathonlauf vor. Lange war alles wie immer, dann wurde es ein bisschen unbequem und am Ende auch etwas schmerzhaft, aber ich musste keine existentiellen Reserven – die Todesreserve -anzapfen. Damit meine ich die letzten 5-10 Prozent deiner Kraft, an die du im Normalzustand nicht herankommst. Bei vielen Menschen habe ich den Eindruck, dass sie die Entschleunigung und neuen Arbeits- und Familiensituationen der letzten Wochen für diese Todesreserve gehalten haben. Da kann ich nur sagen: Wacht auf!

Was mir positiv in meinem Umfeld aufgefallen ist: Viele haben die Entschleunigung genutzt, um über das Leben nachzudenken, um zu reflektieren, ob alles bis hierhin gut war. Die oder der eine oder andere hat erkannt, wie schädlich und zum Teil auch sinnentleert wir leben. Eine Zeit der Stille und Ruhe kann auch richtig guttun. Ich habe öfter auch an die Zeit nach meinem Unfall denken müssen: Damals musste ich auch mehrere Monate Stille und Entschleunigung akzeptieren. Mit einer ungewissen Zukunft.

In der ganzen Situation sehe ich mehr Chancen als Risiken. Meine Hoffnung ist, dass das viele andere Menschen auch so sehen und wir einen echten Restart zu mehr Solidarität und Nachhaltigkeit hinlegen. Deshalb möchte ich jedem einzelnen den Mut geben, die Situation anzunehmen und mit klarem Verstand und Mut das Beste für uns alle daraus zu machen.

Jeder Mensch, der echte Todesnähe erfahren hat, bestätigt dir: in Grenzsituationen klärt sich der Blick für das Wesentliche. Es öffnet sich eine Tür und mit ihr die einmalige Chance Neues zu erleben und auszuprobieren. Wenn du vor dieser Tür stehst: Bitte gehe durch! Du wirst es nicht bereuen.

Lasst uns dieses Momentum für Neues nicht verspielen!

Hol Dir die Power zurück.
Es ist Dein Leben.
Es ist Deine Kreation.

„Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst.“
Richard David Precht bei Markus Lanz vom 18.06.2020

Foto: Photographie Nathalie Michel

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