Wer sich verändern will, erkennt als reflektierter Mensch sehr schnell wer der größte Feind der Veränderung ist: er selbst. Wir ziehen uns auf bekannte Glaubenssätze, Gedankenmuster und Gefühlsmuster zurück, weil es fürs Gehirn einfach und schnell geht und damit für uns bequemer ist. Über die Lebensjahre manifestieren sich so neuronale „Autobahnen“, die den unzählig existierenden anderen (Handlungs-)Möglichkeiten im Weg stehen und oft destruktive Lebensstile fördern.
Dagegen hilft nur eines: diese eingefahrenen Muster und Systeme bewusst wahrnehmen, erkennen und dann durchbrechen. Das ist leicht gesagt und als bewusste Entscheidung schaffen das sicherlich nicht viele von uns. Die meisten Menschen müssen den harten steinigen Weg gehen, also über einen massiven äußeren Impuls zur Veränderung gezwungen werden, wie z.B. ein Trauma. So habe ich es auch gemacht (lach): Mein Unfall war sicherlich so ein Impuls. Er hatte meine inneren Systeme mächtig durcheinander gewirbelt und großen Einfluss auf soziale Beziehungen und meine Gesundheit.
Ein Bein zu verlieren ist sicherlich nicht schön und ich habe es lange als sehr ungerecht empfunden. Mittlerweile sehe ich es als mein größtes Glück an. Um das so zu bewerten, waren 30 Jahre harte Entwicklungsarbeit notwendig – jeden Tag aufs Neue Körper und Geist in Harmonie bringen, erfordert Zeit, Geduld und nochmal Zeit. Es ist ein langer Prozess, der erst mit dem Tod endet.
Die männlichen Vertreter meiner Familie neigen im Laufe ihres Lebens zu einem recht ungesunden Lebensstil. Ich wäre sicherlich auch diesem Weg gegangen und hätte heute mit den entsprechenden körperlichen Folgen zu leben. Mein Unfall hat dieses Muster durchbrochen. Um zu überleben und eine gute Perspektive für’s Alter zu haben, musste ich einen anderen Weg gehen. Ich habe mich für ein nachhaltiges Leben mit guter Fitness und Gesundheit entschieden. Dafür habe ich mir Menschen gesucht, die mich auf diesem Weg unterstützen: Freunde, Trainer, Physiotherapeuten. Der Anfang war schwer und an meine erste Trainingseinheit kann ich mich noch sehr gut erinnern. Mein Körpergewicht lag zu dieser Zeit unter 40 Kilogramm und mir sollte eine Prothese angepasst werden. Dafür musste ich mindestens 10 Minuten auf einem Bein stehen können. Heute kein Problem, war es vor 30 Jahren fast nicht machbar. Ich bin sehr dankbar, dass ich den Weg eingeschlagen habe und mit meiner Lebensweise vielen Zweibeinern ein Vorbild bin.
Meine Fitness gibt mir viel Selbstvertrauen. Das Gefühl, wenn man eine harte Trainingseinheit geschafft hat und der Geist belohnt wird, weil sich der Körper einfach super funktionell anfühlt, ist schlicht unbeschreiblich! Und dieses Vertrauen in diesen Weg dahin ist für mich die Blaupause für alle Lebensbereiche: Das ich etwas schaffen kann, wenn ich es wirklich will.
„Das einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.“ sagte schon Heraklit. Und das gilt selbstverständlich auch für unser Leben. Nichts bleibt, alles wandelt sich. Darauf sollte der Geist ausgerichtet sein: offen für Neues sein, Routinen hinterfragen und mal neue Wege einschlagen. Das ist Leben. Für mich.